T O D S P A N N U N G

 Raum für phantastische und serielle Spannungsliteratur des 19. und 20. Jahrhunderts von Robert N. Bloch und Mirko Schädel

Lothar Freund: »Der blaue Amerikaner«, 1935
von Mirko Schädel



Lothar Freund: Der blaue Amerikaner, Leipzig: Hans Müller 1935, Magnet-Romane Band 24, 270 Seiten, Schutzumschlag von Alfred Liebig, Leipzig


Lothar Freund, 1902–?, war ein deutscher Unterhaltungsschriftsteller, geboren in Halle an der Saale, lebte wohl vorwiegend in Leipzig. 

Der Kriminal- und Spionageroman Der blaue Amerikaner, 1935, dreht sich um einen Doppelmord, bei der ein Erfinder namens Matthiesen ermordet wird – und auf der Flucht des Täters wird noch ein Wachtmeister ins bessere Jenseits befördert.

Dem Erfinder Matthiesen wurden Zeichnungen und Pläne seiner neuesten Erfindung aus dem Tresor gestohlen. Bei der Erfindung handelt es sich um einen neuen, leistungsfähigen Flugzeugmotor. Doch die Pläne aus dem Tresor sind keineswegs vollständig, denn auch eine neue Metalllegierung ist nötig um den Motor realisieren zu können. Die Rezeptur und die Versuchsergebnisse dieser Legierung befinden sich jedoch bei dem Direktor der Lilienthal-Werke, der mit Matthiesen befreundet war und der dessen Erfindung in seiner eigenen Flugzeugproduktion verwerten sollte. Somit hat die Verbrecherbande lediglich einen Teil der Pläne für den neuen Flugzeugmotor und so sind die bislang gestohlenen Papiere also unvollständig. Um die Erfindung auswerten zu können, benötigt man unbedingt die beiden unterschiedlichen Konvolute von Aufzeichnungen und Plänen.

Inspektor Malten untersucht den Fall und erhält bald zusätzliche Unterstützung durch den Detektiv Petersen, der für einen Industrieverband arbeitet, der sich mit der Abwehr von Wirtschaftsspionage beschäftigt.

In den Lilienthal-Werken wird einige Tage darauf erfolglos eingebrochen, doch die Rezeptur für die Legierung hatte der Direktor der Werke unterdessen in einem einbruchssicheren Tresor vorrausschauend einschließen lassen. Der Kriminalpolizei wird klar, daß in den Lilienthal-Werken Komplizen der Spione am Werk sein müssen, die den Verbrechern entsprechende Informationen zukommen lassen. Daß der Direktor der Werke die Pläne für die Legierung in den Tresor einschließen ließ, blieb jedoch weitgehend geheim. Die einzige Spur der Polizei, die sich aufgrund einer Zeugenaussage ergibt, ist ein amerikanisches Auto, dunkelblau, das in der Folge bei den verschiedenen Anschlägen der Gangster benutzt und gesichtet wird.

Petersen, der sich unsterblich in die Tochter des ermordeten Erfinders namens Inge Matthiesen verliebt hat, ist untröstlich, denn die junge Dame ist entführt worden. Die Gangster versuchen Inge Matthiesen zum Sprechen zu bringen, denn sie ist einige der wenigen, die wissen wo die Pläne versteckt wurden, weigert sich aber diese Information preiszugeben. Die Ermittlungen laufen heiß. Petersen und sein Kollege Inspektor Malten tun alles um zu einem Erfolg zu kommen. Tatsächlich gelingt es Petersen eine Spur aufzunehmen, die zu einem heruntergekommenen Haus führt. Dort kommt es zu seiner Schießerei und zwei Toten. Petersen trifft ein Schuß in die Schulter, doch es gelingt ihm Verstärkung herbeizurufen. Ein kleiner Teil der Bande wird festgenommen bzw. getötet.

Endlich meldet sich ein Zeuge, der das gesuchte Fahrzeug in einem abgelegenen Ort, etwas fünfzig Kilometer entfernt, gesehen haben will. Malten und Petersen rufen wiederum Verstärkung und suchen den vermeintlichen Ort auf, wo sich ein weiterer Teil der Gangster in einer alten Villa am Waldrand aufhält.

Das entführte Mädchen, Inge Matthiesen, wird befreit, es kommt zu bedeutenden Festnahmen. Doch der Kopf der Bande ist noch immer nicht gefaßt. Inspektor Malten hatte ein goldenes Zigarettenetui an einem der Zufluchtsorte der Verbrecher gefunden, als er dieses Etui im Beisein Inge Matthiesens hervorzieht, erinnert sich letztere unscharf an den Besitzer. Ein gewisser Bankier und Freund der Familie, der im Haus des Erfinders ein- und ausging, scheint der Verdächtige zu sein – auch besitzt der Mann ein blaues Automobil amerikanischer Herkunft, einen Buick, das aber angeblich zur Zeit für eine Auslandsreise benutzt wird.

Inspektor Malten und Petersen fahren noch in der Nacht zu der Villa des Bankiers, dort entdecken sie den ermordeten Diener dieses Herrn und den schwerverletzten Bankier, der seine Untaten noch mit dem letzten Atemzug gestehen kann – und von zwei weiteren Herren berichtet, die ihm die Papiere für den neuartigen Motor ihrerseits gestohlen haben.

Nach einer bis in die frühen Morgenstunden reichenden Verfolgungsjagd werden die zwei flüchtigen Gangster gestellt. Die Papiere werden aufgefunden und der Eigentümerin Inge Matthiesen zurückerstattet. Inspektor Malten und Detektiv Petersen feiern Doppelhochzeit mit ihren weiblichen Pendants, nachdem sie diese Bande von Wirtschaftsspione hinter Gittern gebracht haben.

Der Roman ist ein Kind seiner Zeit, eine Art naive Kriminalkomödie der 1930er Jahre und doch ein ausgezeichneter Schmöker. Das Buch ist unpolitisch und weist keinerlei Spuren des herrschenden Deppentums auf. Lothar Freund gehörte sicher zu den ambitionierteren und talentierteren Unterhaltungsautoren seiner Zeit. Er konnte amüsante und spannende Kriminalromane schreiben, die meist etwas besser als der Durchschnitt waren. Seine Spezialität waren die realistische Darstellung von Verfolgungsjagden oder Kampfszenen zwischen Polizei und Kriminellen, die der Autor tatsächlich gekonnt in Szene setzt. Auch seine Ausflüge ins Gebiet des Unheimlichen dienen zwar lediglich der Spannungssteigerung, sind aber gut gemachte Episoden, die den Leser überzeugen.