T O D S P A N N U N G

 Raum für phantastische und serielle Spannungsliteratur des 19. und 20. Jahrhunderts von Robert N. Bloch und Mirko Schädel

John [Alexander] Ferguson: »Mord im Marschland«, 1938

von Mirko Schädel



John [Alexander] Ferguson: Der Mord im Marschland, Leipzig: Payne 1938, Paynes Kriminalromane, 250 Seiten


John Ferguson, 1871–1952, war ein englischer Eisenbahnangestellter, Lehrer, Dramatiker und Kriminalschriftsteller. In einem Autorenlexikon zu schottischen Autoren fand ich folgende Informationen: »Ferguson wurde in Callander, Perthshire, geboren, lebte aber sowohl auf der nebligen Insel Skye als auch auf der sonnenbeschienenen Insel Guernsey. Darüberhinaus lebte er sechs Jahre lang im trostlosen Dunimarle Castle in Fife, wo Macduffs Frau und Kind von Macbeth ermordet wurden. […] Fergusons Bücher wurden in viele Fremdsprachen übersetzt. In seiner Erzählung über die Geschichte und Entwicklung des Kriminalromans Masters of Mystery schreibt Douglas Thomson: ›Mr. Ferguson ist einer der entzückendsten Stilisten in diesem Genre.‹«

Mord im Marschland, 1938, ist ein exzentrischer, sehr spannender und unterhaltender Mystery, der das Genre sicher nicht revolutioniert hat, aber es immerhin doch bereicherte. Nach dem Muster von Doyles Sherlock Holmes und Dr. Watson bedient sich Ferguson zweier Journalisten, die in die klassische Rolle der ermittelnden Detektive schlüpfen. Frances Mc Nab gibt den Sherlock Holmes, er ist die Edelfeder des Daily Record, wo er auch gelegentlich philosophische Artikel zur Kriminalistik veröffentlicht, meist aber von sensationellen Kriminal- und Mordaffären berichtet. Godfrey Chance ist ebenfalls Journalist, erledigt aber eher das zweitrangige Tagesgeschäft und spielt die Rolle eines naiven Dr. Watson, dessen Intellekt für die Ermittlungsarbeit nicht allzu geeignet zu sein scheint.

Die beiden Freunde befinden sich in Mc Nabs Wohnung, während letzterer von einem geheimnisvollen Brief berichtet, der ihn erreicht hat. Kurz darauf erscheint eine junge Dame, nämlich die Briefschreiberin namens Miß Cardew, die sich offensichtlich große Sorgen um ihren Vater macht, da dieser in letzter Zeit von merkwürdigen Ängsten heimgesucht wird und dessen Verhalten äußerst seltsam und besorgniserregend erscheint. Miß Cardew bittet Mc Nab um Hilfe, denn die junge Dame ist sich sicher, daß nur ein tatkräftiger Ermittler Licht ins rätselhafte Dunkel bringen könne.

 

Mc Nab schickt seinen Freund Chance in die Provinz um sich umzusehen, doch der junge Mann ist gerade in der dörflichen Heimat Miß Cardews angekommen, als auch schon der Tod des alten Cardew verkündet wird. Ein intelligenter, junger Polizist der örtlichen Polizeibehörde hat die Witterung aufgenommen, denn obwohl die Leiche des alten Cardew keine äußerliche Gewalteinwirkung aufweist, geben die Umstände des Todes doch zu denken. Chance informiert Mc Nab, der umgehend anreist um den Fall zu untersuchen.

Wenn man mal von der lieblos hölzernen Übersetzung absieht, ist der Roman recht gut konstruiert. Das Original scheint hinter der unzulänglichen Übersetzungsarbeit durch, so daß der Leser ahnt, daß es sich um ein intelligentes, amüsantes Buch handelt, das nur an dem unzulänglichen Übersetzer gelitten hat.

Die Rätsel dieses Romans drehen sich schlicht um die Entdeckung des Mörders und dessen Mordmethode, denn letztere ist ebenso exotisch und konstruiert wie das Motiv des Mordes. Nach dem Mord an Cardew wird auch noch jener intelligente Polizist ermordet, der mit dem Fall betraut und dem Mörder wohl zu hart auf den Fersen war. Dabei ist bemerkenswert, daß ein Augenzeuge des ersten Mordes niemanden sehen konnte, der sich dem Opfer hätte nähern können.

Mc Nab stellt dem Mörder nach ausgiebiger Spurensuche und tiefschürfenden Ermittlungen eine Falle, in die der Täter auch selbstbewußt tappt – denn dieser scheint sich in seiner Rolle eines perfekten Mörders zu gefallen. Wie schon angedeutet ist die Methodik mit der der Mörder seine Opfer tötet, der Gipfel der Exzentrik und geradezu absurd, aber der Leser verzeiht dem Autor derlei Eskapaden, denn der Unterhaltungswert dieses Buchs ist bedeutend – nur daß dem deutschen Übersetzer eine ähnliche Todesursache zu wünschen gewesen wäre wie den Mordopfern dieses spannenden Krimis.