T O D S P A N N U N G

 Raum für phantastische und serielle Spannungsliteratur des 19. und 20. Jahrhunderts von Robert N. Bloch und Mirko Schädel

Arthur Oprée: »Menschenfackeln«, um 1938
von Mirko Schädel



Arthur Oprée: Menschenfackeln, Düsseldorf: L. Holzwarth Verlag um 1938, Der spannende Kriminalroman, 287 Seiten


Arthur Oprées Menschenfackeln fügt sich gut ein in die Atmosphäre typischer Leihbuchromane der späten 1930er Jahre ein. Der Physiker Oprée, 1897–1975, der vor allem für seine Science fiction-Romane aus dem Sauerberg Verlag bekannt ist, hat aber auch drei Kriminalromane bei Holzwarth veröffentlicht, die offenbar einem Serienmodell folgen, denn die Helden dieses Kriminalroman-Trios werden von den zwei amerikanischen Detektiven namens William Houser und Fred Kanter verkörpert.

In London wird vor einem Theater eine junge, attraktive, amerikanische Frau, die zudem eine reiche Erbin ist, ermordet. Dieser Mord ist der Beginn einer Mordserie, die bizarrerweise mit gasgefüllten Glaskugeln durchgeführt werden. Diese etwa 12–15 cm großen Glaskugeln beinhalten leicht entzündliche Stoffe, die wohl mit Sauerstoff reagieren wenn sie gegen das Opfer geworfen werden und dann zerspringen, und so den Menschen unmittelbar in eine lebende Fackel verwandeln.

Die Brandverletzungen sind derart heftig, daß eine Rettung unmöglich ist. Aus einem Automobil heraus wirft ein Unbekannter diese Glaskugeln auf unterschiedliche Menschen, die auf den ersten Blick nichts miteinander gemein haben. Das erste Opfer, jene junge, reiche Erbin aus Amerika, veranlaßt den trauernden Vater sich an ein Detektivbüro in San Francisco zu wenden, welches seinerseits die beiden Abenteurer Houser und Kanter anheuert um diesen Mordanschlag aufzuklären.

Houser und Kanter reisen umgehend nach London, wo sie Kontakt zu Scotland Yard aufnehmen. Houser ist dort bestens bekannt und es kommt zu einer weitreichenden Zusammenarbeit zwischen dem Yard und den beiden amerikanischen Detektiven. Laut Augenzeugenberichten ergeben sich kaum Rückschlüsse auf den Täter. Lange Zeit tappen sowohl die Detektive als auch die englische Polizei im Dunkeln. Es kommt zu weiteren, ähnlich strukturierten Mordanschlägen, auch die beiden Amerikaner werden davon nicht verschont. Doch letztenendes ist es Houser, der eine Entdeckung macht, daß nämlich die ersten Morde bei einer bestimmten Witterung stattfinden, und daraus schließt der Amerikaner, daß der Täter womöglich doch ein wetterfühliger Irrer sei.

Angeregt durch eine reichliche Anzahl von Zufällen gerät Houser auf die richtige Spur. Darüberhinaus stellt er recht früh fest, daß es sich um zwei Täter handeln muß, denn es gibt offenbar einen Nachahmungstäter, der den Flammenmörder zu kopieren sucht. Am Ende und nach den üblichen Verfolgungsjagden, Schießereien und Faustkämpfen von nahezu hysterischer Dynamik, gerät der Leiter einer chemischen Fabrik in den Focus der Ermittlungen. Dabei handelt es sich um einen Menschen, der vor Jahren sein Gedächtnis verloren hat und seine eigene Identität nicht kennt.

Aufgrund eines Betriebsunfalls in seiner eigenen Fabrik verlor dieser vor Jahren seine Frau in den Flammen einer Explosion – und ganz nebenbei seinen Verstand. Mit diesem Gedächtnisverlust und in verzweifelter Lage fand ihn ein Fabrikant und Inhaber einer chemischen Anstalt auf einer Londoner Parkbank und stellte diesen armen Menschen in seinen Dienst. Der gute Mann arbeitete sich zum Fabrikleiter hoch und wirkte nach außen vollkommen normal und harmlos, nur bei schwülem, heißem Wetter brach sein Wahnsinn hervor und setzte arglose Menschen in Flammen  – in der Absicht sie dadurch zu erlösen.

Der Nachahmer dieser Taten hatte ein handfesteres Motiv, denn dieser wollte sich lediglich seines erfolgreichen Bruders entledigen, der kurz vor seiner Heirat mit einer jungen Dame stand, die der Mörder selbst begehrte. Also ein Mord aus Eifersucht.

Houser und Kanter lösen die beiden Fälle souverän, während ihre Kollegen von Scotland Yard noch im Tal der Ahnungslosigkeit dösen. Der Roman erinnert mich schwach an die Thriller von Edgar Wallace, die ich schon als Heranwachsender unendlich langweilig fand. Oprée kann halbwegs schreiben, aber es gelingt ihm nicht eine Atmosphäre abseits von Action und Hysterie zu schaffen, obwohl er sich redlich darum bemüht. Man ahnt als Leser tatsächlich, was Oprée vorgeschwebt haben muß, nämlich ein leichtfüßiger, humorvoller und charmanter Kriminalroman, der spannend und aufregend sein soll, aber die Absicht allein ist noch kein Garant für den Erfolg. Dieser Plan ist dem Autor aufgrund seiner Schwierigkeiten mit dem Ausdruck und seinem Mangel an Sprachsensibilität entglitten. Auch deshalb sind seine komisch sein sollenden Episoden auch nicht komisch, sondern ernüchternd und ermüdend.

Das Beste, was man noch von diesem Buch sagen kann, ist die überbordende Phantasie des Schöpfers dieser Zeilen, denn an Ideenreichtum gebricht es Oprée nicht, nur die sprachlichen Mittel stehen ihm leider nur begrenzt zur Verfügung, so daß dem  Roman etwas klobiges und holzschnittartiges anhaftet.

In Arthur Oprées Romanen Das Höllengelächter und Das blutige Dreieck sollen auch Houser und Kanter wirken, außerdem droht der Autor noch mit einem weiteren Houser/Kanter-Roman mit dem Titel Die goldene Spirale oder so ähnlich, aber vermutlich konnte er diese Drohung nicht mehr in die Tat umsetzen, denn der Zweite Weltkrieg, der ja auch zu irgendetwas gut sein mußte, wird ihm einen Strich durch die Rechnung gemacht haben.