T O D S P A N N U N G

 Raum für phantastische und serielle Spannungsliteratur des 19. und 20. Jahrhunderts von Robert N. Bloch und Mirko Schädel

Christopher Bush: »Ein Gongschlag und ein Schuß«, 1937
von Mirko Schädel



Christopher Bush: Ein Gongschlag und ein Schuß, Wien: E. P. Tal 1937, Die rot-blauen Bücher Band 8, 221 Seiten, Schutzumschlag von Otto Huter


Christopher Bush, das ist Charlie Christmas Bush, 1885–1973, war ein britischer Schriftsteller. Vor seiner Karriere als Autor studierte er Sprachen und arbeitete als Lehrer. Bush diente in beiden Weltkriegen. Er schuf den Serien-Detektiv Ludovic Travers.

Ein Gongschlag und ein Schuß, 1937, ist ein etwas überkonstruierter whodunit, der von falschen Spuren nur so wimmelt und dem Leser zu einem leichten Kopfschmerz verhilft. Der Seriendetektiv Travers ist ein bleicher, reicher Schnösel, der sich als Amateur-Detektiv an der Seite des Inspektor Tempest an einem seltsam komplizierten Mordfall zu schaffen macht – und über den man weiter nichts erfährt, als das er bereits einen vorherigen Mordfall aufgeklärt hatte.

Der reiche, undurchsichtige und bösartige Geizhals Hubert Greeve hat vier Neffen und einen Anwalt, die allesamt zu seinem alljährlichen Geburtstag zu Gast bei ihm sind, und die sich dort vom Geburtstagskind schikanieren und quälen zu lassen – mit Ausnahme des Anwalts, den Greeve nur wenig beachtet.

Onkel Greeve, der offenbar sein Vermögen auf Kosten der gesamten Familie gerettet hatte, schaut mit einer gewissen sadistischen Freude auf seine vier Anverwandten, die finanziell ziemlich am Ende sind. Auf das Versprechen ihres Onkels, daß das Vermögen in den Besitz der Neffen gelangt, falls er irgendwann ins Gras beißen sollte, bemühen sich die Neffen um einen freundlichen Umgang mit der reichen, spleenigen Nervensäge. Auch der vor Jahren hingeworfene Hinweis des Onkels, das im Falle dessen, daß einer der Neffen in Schwierigkeiten geraten würde, er, der Onkel, ihnen aus der Patsche helfen wolle. Was naturgemäß eine Lüge war, denn Onkel Greeve hat trotz Bitten keinem seiner Neffen aus den Schwierigkeiten geholfen und hat wohl auch nicht die Absicht, dies in Zukunft zu tun. Das ist der Grund, warum die Neffen sich in diese nervenaufreibende, devote Rolle begeben, die die Geburtstage von Hubert Greeve charakterisieren.

Doch an diesem Geburtstag wird der Onkel im Beisein seiner Neffen, des Butlers und des Anwalts im Salon erschossen – während der Butler um Punkt 19.30 Uhr den Gong betätigt und das zeitgleiche Geräusch eines Schusses von letzterem übertönt wird. Travers und Tempest untersuchen die wirklich zahlreichen Spuren, immer neue Konstellationen des Verbrechens scheinen ebenso schnell auf, wie sie auch wieder als undurchführbar im Nichts verschwinden. Auch eine verstoßene Schwester des toten Onkels spielt eine Rolle, ebenso ein anonymer Brief. Und der Autor gibt dem Leser auch anfangs Hinweise auf ein Mordkomplott, das allerdings wie alle anderen Spuren auch, sich als falsch erweisen wird.

Ziemlich am Ende des Romans erfährt der Leser auch noch etwas über die wirtschaftliche Situation des Rechtsanwalts, die einen nicht sehr vertrauenswürdigenden Eindruck macht. Als Travers erfährt, daß der Anwalt während des Kriegs in einem Front-Variete tätig war, ahnt er, daß nur dieser Mann das Wunder dieses Verbrechens durchgeführt haben kann. Denn alle diese Spuren deuten auf ein wohldurchdachtes, kompliziertes Verbrechen hin, das nicht nur aufwendige Vorbereitungen notwendig machte, sondern auch an ein Wunder grenzt, eine Täuschung, die nur ein Zauberkünstler sich hätte einfallen lassen können.

Von einem ehemaligen Varietekollegen des Anwalts erfährt Travers den Trick, den der Mörder angewendet hatte und kann demzufolge den Anwalt des Mordes überführen. Wie gesagt, die Konstruktion des Romans ist überaus kompliziert, und ich habe selten einen Kriminalroman gelesen, der mehr falsche Spuren aufzuweisen hat wie dieses Buch. Auch die Übersetzung ist manchmal etwas ungeschickt, und so halte ich Ein Gongschlag und ein Schuß für einen eher mittelmäßigen Kriminalroman, der dem Leser einen sanften Kopfschmerz verursacht – nicht mehr und nicht weniger.