T O D S P A N N U N G

 Raum für phantastische und serielle Spannungsliteratur des 19. und 20. Jahrhunderts von Robert N. Bloch und Mirko Schädel

Karl Müller-Malberg: »Die Söhne des Galgens«, 1924
von Mirko Schädel



Karl Müller-Malberg: Die Söhne des Galgens, Dresden: Opitz-Verlag 1924, Sven Berndts phantastische Abenteuer Band 1, 135 Seiten


Über Karl Müller-Malberg ist nichts weiter bekannt, er scheint ein Gelegenheitsautor von trivialen Groschenheftserien gewesen zu sein. Sein Nachname Malberg könnte darauf hinweisen, daß er aus Malberg im Rheinland stammt. Es war nicht ungewöhnlich, daß häufige Nachnamen mit einer Koppelung des Geburtsortes oder des Lebensmittelpunktes versehen wurden. Der Autor scheint vorwiegend in der Zeit von 1922–1924 mit Romanheften in diversen Reihen hervorgetreten zu sein.

Die Söhne des Galgens, 1924, ist ein dramaturgisch mißratener Detektivroman, der zwar den Charme der 1920er Jahre versprüht, aber mehr auch nicht. Der Exotismus, der hier gepflegt wird, äußert sich in der Wahl des Spielorts, denn diese Geschichte findet in Rußland nach der Revolution statt. Sven Berndt, ein deutscher Detektiv, besucht einen russischen Studienfreund. Der Roman spielt in St. Petersburg und Moskau und der Umgebung dieser beiden Metropolen. Der Studienfreund berichtet Sven Berndt von einer tragischen Selbstmordserie dreier Schwestern. Sven Berndt scheint wenig Interesse für diesen absonderlichen Fall zu hegen und fährt plangemäß in die deutsche Heimat – was, wen wunderts, nur eine Finte ist. Unser Detektiv tritt nämlich bis zum Schluß dieses unsäglich langweiligen Buchs in allerei Verkleidungen und Maskeraden auf. 

Die drei vermeintlichen Selbstmorde erweisen sich natürlich als grausam inszenierte Morde, die ein diabolischer Verbrecherkönig einer Organisation namens »Die Söhne des Galgens« aus Rache verübt hatte. Auch dieser Schurke benutzt allerlei Maskeraden und nimmt im Laufe des Romans drei unterschiedliche Charaktere an, so daß der Leser nicht nur Mühe hat dem lächerlichen Wirrwarr zu folgen, sondern es wird ihm geradezu unmöglich gemacht den exzentrischen Ideen des Autors folgen zu können.

Der Vater der drei ermordeten Töchter verfällt aus Gram in Wahnsinn. Der alte Mann hatte eine kriminelle und herabgekommene Schwester, die im Elend gestorben ist. Vorher hatte die Dame noch ihren Bruder um Hilfe gebeten, doch diese Hilfe wurde ihr nicht gewährt, so daß die Dame auf dem Totenbett ewige Rache schwur. Niemand wußte, daß die Frau auch einen Sohn hatte, der ebenfalls die Karriere eines Kriminellen anstrebte. Dieser war es dann, der die Familie seines Onkels restlos auslöschen wollte. Sven Berndt gelingt es jedoch den einzigen Sohn des Alten, und Bruder der drei ermordeten Schwestern, zu retten.

Das Buch ist sprachlich mit viel Blendwerk ausgestattet. Müller-Malberg läßt keine Gelegenheit aus seine akademische Ausdrucksweise zum Besten zu geben und hier und da lateinische Ausdrücke in den Text einzuflechten, doch ist die Dramaturgie der Geschichte derart mißlungen, daß das Buch kaum eine Beachtung verdient hätte. Lediglich die kulturellen Eigenarten Rußlands kurz nach der Revolution wurden eindringlich und interessant geschildern. Ich kann nicht beurteilen, ob die Anschauungen des Autors auf eigenen Erfahrungen beruhen, oder ob sich diese Anschauungen aus der Lektüre russischer Literatur gebildet haben.

Mit phantastischer Literatur hat diese naive Posse auch nichts zu tun. Witzig ist tatsächlich, daß Müller-Malbergs Erfindung des Detektivs Jens Rolf hier seine Fortsetzung unter dem Namen Sven Berndt erfährt. Denn diese beiden Detektive sind aus einem Guß – und ihr gemeinsamer Adlatus heißt Karl Maßberg – und trägt in beiden Serien den gleichen Namen.