Wolfgang Waniek: »Das Blatt Papier«, 1931
von Mirko Schädel
Wolfgang Waniek: Das Blatt Papier, Einsiedeln, Waldshut, Köln a. Rh., Straßburg i. E.: Verlagsanstalt Benziger & Co. A.-G. 1931, 162 Seiten
Wolfgang Waniek, 1878–1950, war Verwaltungsjurist und Ministerialrat in Wien. Er veröffentlichte nur ein einziges Buch.
Ein Blatt Papier, 1931, ist ein konventioneller, solider und doch etwas naiver Detektivroman um eine entführte Millionärserbin. Doktor Kronberg, ein Wiener Wissenschaftler, findet zufällig auf dem Nachhauseweg einen Zettel, der offenbar von einer jungen Dame namens Maud Kandrun bekritzelt wurde. Inhalt dieser in hektischen Schriftzügen verfaßten Mitteilung ist ein Hilferuf, man halte sie, Maud, gegen ihren Willen gefangen. Dr. Kronberg beginnt wie besessen nach der Entführten zu fahnden, allerdings in einer laienhaften Art und Weise. Er beobachtet die umstehenden Häuser und bemüht sich herauszufinden, aus welchem Fenster der Häuser dieser Zettel hinaus auf die Straße geworfen wurde. Doch bald sieht er ein, daß dieses Verfahren keinen Sinn macht und wendet sich an den bekannten Privatdetektiv Roch, der die Spur aufnimmt.
Nach einigen zähen Beobachtungen stößt Roch auch auf eine Spur, doch die Hausdurchsuchung bei einem verdächtig wirkenden Ehepaar fördert nichts zu tage. Lediglich Roch weiß, daß seine aufgenommene Witterung zielführend sein muß. Das verdächtige Ehepaar flüchtet aber beizeiten und taucht unter. Bei Doktor Kronberg wird die Befreiung Maud Kandruns langsam zur fixen Idee. In seinen Träumen sieht er das entzückendste Wesen auf Erden – und verliebt sich in ein Phantom.
Andere kleine Indizien ergeben, daß der Detektiv sich nach Triest begibt, wo er auch eine weitere, alte Spur aufnimmt und herausfindet, wer Maud Kandrun eigentlich ist. Er setzt das Puzzle langsam aber stetig zusammen und beginnt eine neue Perspektive einzunehmen. Maud scheint die Erbin eines millionenschweren Fabrikanten namens Green aus New York zu sein, und Roch ahnt, daß man die Erbin beiseite schaffen will, um einer falschen Maud Platz zu machen.
Roch nimmt einen Dampfer nach New York und nimmt Kontakt zu den Behörden auf. Er findet heraus, daß ein Neffe des Millionärs Green nicht nur für die Entführung Mauds verantwortlich ist, sondern auch an dem zurückliegenden Mord an Greens einzigem Sohn. Dies alles nur, um sich in den Besitz des Erbes zu setzen. Der alte Green hat jedoch ein Testamant aufgesetzt, daß den Neffen und seine Nicht Maud zu den Alleinerben macht, jedoch nur, wenn die beiden heiraten. Sollte es nicht zu der Heirat kommen, so werde das gesamte Erbe an wohltätige Zwecke verteilt.
Da Greens Neffe jedoch bereits eine Geliebte hatte, ließ er diese in die Rolle Mauds schlüpfen, während die echte Maud zuerst in Wien, dann in Linz gefangengehalten wird. Nach dem Inkrafttreten dieser Heirat und dem damit verbundenen Testament, beabsichtigte der Neffe seinen Onkel zu vergiften.
Detektiv Roch und Dr. Kronberg gelingt es jedoch das Komplott aufzudecken, Maud zu befreien und die Verbrecher dingfest zu machen. Am Ende heiratet Maud ihren Retter Dr. Kronberg – Friede, Freude, Eierkuchen.
Für einen Erstling ist das Buch durchaus gelungen, es enthält einige atmosphärische Beschreibungen, die das Talent des Autors verraten. Dennoch ist die Geschichte naiv und wird von einer zwar zeitgemäßen, aber nicht sonderlich originellen Idee vorangetrieben.