T O D S P A N N U N G

 Raum für phantastische und serielle Spannungsliteratur des 19. und 20. Jahrhunderts von Robert N. Bloch und Mirko Schädel

Guy Boothby: »Auf dem Meeresgrunde«, 1910
von Mirko Schädel



Guy Boothby: Auf dem Meeresgrunde, Dresden und Leipzig: Moewig & Höffner 1910, Kriminalromane aller Nationen Band 29, 199 Seiten


Auf dem Meeresgrunde. Kriminalroman aus Australien und der Südsee, 1910, ist in der deutschen Ausgabe ein bedeutend gekürzter Roman in zwei Episoden, die unterschiedlicher nicht sein können.

Der junge Christoph Collon treibt sich vorwiegend in Südostasien, Australien und der Südsee umher um als eine Art Agent gegen ansehnliches Honorar schwierige Aufgaben zu übernehmen. Collon wird eines Tages mit der Aufgabe betreut eine schwarze, bedeutend große Perle aus einem Wrack zu bergen, da er sich auch als Taucher einen Namen gemacht hatte. 

Ein englischer Kaufmann eines weltweit agierenden Juwelenhandels hatte diese Perle ankaufen lassen und sie für eine kaiserliche Hochzeit verwerten wollen. Ein Agent, der im Auftrag der Firma die Perle angekauft und bezahlt hatte, wurde von etlichen Kriminellen verfolgt, die sich in den Besitz der Perle bringen wollten. Der Agent entkam diesen Gaunern auf einem Dampfer Richtung England, doch streifte das Schiff unterwegs den Felsen eines Riffs und sank. Nur ein Geistlicher und ein Matrose konnten sich lebend in Sicherheit bringen.

Collon sollte nun mit einem der Eigentümer des Juwelenhandels ein Schiff chartern und die Expedition mit allem nötigen ausstatten, dabei war äußerste Vorsicht geboten, denn das Wrack zu betreten war bereits ein Verbrechen und Wrack und Ladung war als Eigentum der holländischen Einflußsphäre zu betrachten.

Es beginnt eine abenteuerliche Jagd nach dem Wrack, denn auch ein Erzgauner kennt die Umstände dieses Schiffsunglück und ahnt, daß die Perle sich noch dort befinden muß. Collon und seinem Auftraggeber gelingt es durch einen Trick als erste das Wrack zu erreichen und die Konkurrenz auszuschalten. Doch eine Perle findet sich in dem Wrack nicht, lediglich die grauenhaft verstümmelten Leichen dieses Unglücks treiben allerorten herum. In der fraglichen Kabine des Agenten findet sich ebenfalls eine Leiche, die offenbar ermordet wurde, denn die Kehle des Leichnams wurde mit einem Rasiermesser durchtrennt.

Nun gehen Collon und sein Auftraggeber davon aus, daß wohl der Geistliche, der das Unglück überlebt hatte, möglicherweise der Dieb und Mörder sei. Die Jagd wird fortgesetzt und jener Geistliche erweist sich als jener Agent, der die Perlen im Auftrag nach England bringen sollte und der vorgibt aus Notwehr jenen Mann getötet zu haben, der zu den Verbrechern gehörte, die ihm die Perle rauben wollte. Nach diesem Mord war er verwirrt und beschloß die Gunst der Stunde zu nutzen und jene Perle zum eigenen Vorteil zu verwerten.

Nach einigen Verwicklungen gerät der Auftraggeber wieder in den Besitz der Perle und Collons Auftrag ist erfüllt. Er erhält eine stattliche Belohnung und reist zu einem Freund nach Australien, der sich eine Farm gekauft hatte. Collon beschließt sich dort etwas zu erholen. Doch in dem Brief seines Freundes läßt jener durchblicken, daß es ein Geheimnis, vielmehr ein Rätsel gebe, daß Collon möglicherweise lösen könne.

Auf der Farm angelangt und nach den üblichen Begrüßungsritualen stellt sich heraus, daß es dort spukt. Tatsächlich hören die Bewohner der Farm des nachts Schreie und Stöhnen, auch taucht aus der Dunkelheit ein ganz in weiß gekleideter Reiter auf einem weißen Schimmel auf, der ebenso lautlos wieder verschwindet, wie er dort erschienen ist.

Collon glaubt nicht an Gespenster, doch seine Nerven werden ziemlich erschüttert. Auch ein Nachbar, ein junger, blasierter Brite, den seine Verwandten nach Australien abgeschoben haben um dort zu einem Mann zu reifen, besucht die Farm und zeigt deutliche Angst bei diesen nächtlichen Geräuschen. Dem Leser wird allerdings schon klar, daß jener Brite seine Hände in dem Spiel hat.

Tatsächlich stellen Collon und sein Freund ein paar Tage später das Gespenst, das die Rindviecher unruhig macht. Sie greifen ihren Revolver und schießen auf den weißen Reiter, der umgehend die Flucht ergreift. Am nächsten Morgen werden die beiden Freunde von einem Bediensteten gerufen, es sei eine Leiche aufgefunden worden. Die beiden Freunde eilen zu dem Leichenfund, sie entdecken ihren englischen Nachbarn, der in weiße Kleidung gehüllt und mit einem falschen Bart aufstaffiert ist und offenbar im Dunkeln mit dem Hals gegen einen herabhängenden Ast geritten ist, so daß sein Kehlkopf eingedrückt wurde.

Es stellt sich heraus, daß der blasierte, und etwas dümmliche Brite sein Vieh auf den Ländereien seines Nachbarn weiden lassen wollte – zu diesem Zweck erfanden er und sein Vorarbeiter den ganzen Spuk in der Hoffnung, daß Collons Freund beizeiten seine Sachen packt und die Farm verläßt, wie es bereits einige seiner Vorgänger getan hatten.

Die beiden Episoden sind recht unterschiedlich und wenn auch durchaus spannend, so  hinterlassen sie keinen bleibenden Eindruck. Leider liegt mir nicht das englische Original der Ausgabe vor, so daß ich nicht weiß, ob Arthur Moewig die beiden Episoden nur gnadenlos eingestrichen hat, oder ob dort weitere Episoden zu finden sind, die dann einfach herausgekürzt wurden.