Friedrich Eisenlohr: »Der Mann im Schatten«, 1937
von Mirko Schädel
Friedrich Eisenlohr: Der Mann im Schatten, Berlin, Leipzig, Wien: Wilhelm Goldmann 1937, Goldmanns Roman-Bibliothek Band 41, 220 Seiten, Schutzumschlag von Karl Stratil
Friedrich Eisenlohrs Der Mann im Schatten, 1937, ist ein konventioneller und aufgrund seiner Struktur zwar spannender, aber dennoch mittelmäßiger Kriminalroman, denn der Roman fußt auf einer einzigen Idee, die den Spannungsbogen von Anfang bis Ende tragen muß. Die Statik dieser Idee reicht zwar aus um den Leser zu fesseln, ist aber doch im nachinein eine recht schlichte und wackelige Angelegenheit.
Der Berliner Bankangestellte Johannes Grismar, kurz Hannes, ist aus dem Ersten Weltkrieg heimgekehrt und arbeitet aufgrund der Protektions seines Onkels, eines Bankdirektors, seit einigen Jahren in einer mittleren Ebene des Bankgeschäftes. Der Roman beginnt mit der Begegnung unseres Helden mit einer gewissen Lili Rethel, die er an der Bushaltestelle kennenlernt. Hannes faßt ungewöhnlich starkes Vertrauen zu der jungen Dame, obwohl er eine künftige Braut namens Eva im Herzen trägt.
Hannes und Lili gehen auf den Kurfürstendamm und trinken Kaffee, während sie sich über Gott und die Welt unterhalten. Als Hannes angeregt durch die Bekanntschaft sein Junggesellendomizil aufsucht, ein gemietetes Zimmer bei einer Dame, stellt er fest, daß man in sein Zimmer eingebrochen ist, jedoch wurde offenbar nichts gestohlen.
Dies nutzt er als Vorwand um seiner Eva telefonisch mitzuteilen, daß er die Verabredung mit ihr absagen müsse. Hannes wendet sich an die Polizei, die auch zwei Beamte schickt, aber dieser ungewähnliche Einbruch, bei dem nichts gestohlen wurde, irritiert die Beamten. Nur ein Gedichtbändchen von Freiligrath ist verschwunden.
Hannes beginnt nun in eine Verliebtheit hineinzurutschen, seine Gedanken kreisen um Lili. Als er seiner künftigen Braut Eva von seiner neuen Bekanntschaft erzählt, erklärt diese unumwunden, daß jene Lili wohl bei dem Einbruch ihre Hand im Spiel hat.
Der Gedichtband Freiligraths wird den kommenden Abend von draußen durch das Fenster seines Zimmers geworfen. Merkwürdige Hyroglyphen zieren die Anstreichungen von Hannes auf dem Seitenrand. Hannes hat keinerlei Erklärungen für diese seltsamen Ereignisse.
Um seine Vermieterin nicht in Gefahr zu bringen, beschließt Hannes sich eine neue Unterkunft zu suchen. Doch die Einbrüche gehen weiter. Auf den Rat seines Onkels nimmt Hannes eine befristete, jedoch leitende Stelle in einer Filiale in Hamburg an, dort verhält sich Hannes ruhig und gefaßt, er braucht Zeit um nachzudenken.
Währenddessen schaltet der Onkel einen Detektiv ein, und Eva beteiligt sich an den Ermittlungen. Es gelingt den beiden mit den rätselhaften Einbrechern in Kontakt zu treten, die irgendetwas bei Hannes zu suchen scheinen. Doch unser Held kann sich nicht vorstellen, was bei ihm gesucht werden könnte.
Eva spricht mit einem Drahtzieher dieser Einbrüche, ein dubioser Börsenspekulant, der unumwunden zugibt, daß er die planvolle Absicht verfolgt mit Hannes in geschäftliche Verbindung zu treten. Worum es sich bei diesem Geschäft dreht bleibt im Dunklen. In Hamburg wird wieder in Hannes Hotelzimmer eingebrochen, ein seltsames Schreiben liegt auf seinem Schreibtisch, doch kann er aus diesem Brief nicht recht schlau werden.
Er wendet sich an die Hamburger Kriminalpolizei, der er die ganze Geschichte zu Gehör bringt. Hannes fühlt sich bei diesem Beamten gut aufgehoben und schöpft neue Hoffnung. Als er wieder sein Hotelzimmer betritt, klopft es nach kurzer Zeit an seiner Tür. Ein Seemann betritt sein Gemach, der um ein Gespräch bittet. Dieser Seemann hat einen neuen Namen angenommen, ursprünglich hieß er Johannes Grismar und war im Krieg Besatzungsmitglied eines U-Bootes, das unmittelbar nach der Versenkung eines britischen Goldtransports, selbst Opfer feindlicher Torpedos geworden ist. Grismar war der einzige Überlebende und hatte sich eine Karte angefertigt von dem Ort, wo der Goldtransport versenkt wurde.
Einige Zeit hielt sich der Seemann in Berlin in ziemlich übler Gesellschaft auf, die auch von seinem Plan erfuhr, das britische Gold aus dem Wrack zu bergen. Diese seltsame Affäre und die merkwürdigen Einbrüche waren also nur einer schlichten Verwechslung geschuldet.
Hannes benachrichtigt Lili, die mit dem Frühzug nach Hamburg reisen soll. Er beschließt selbst sich des Goldes zu bemächtigen, doch als am nächsten Vormittag Lili am Bahnhof steht, hat er die Idee bereits wieder verworfen.
Hannes Onkel und Eva sind auch bereits auf dem Weg nach Hamburg und treffen kurz darauf ein. Zwischen den Damen kommt es zu einem kleinen Eklat. Dann gibt es noch ein kurzes Verwirrspiel am Ende, doch ist dies nicht der Erwähnung wert.
Lili und Hannes heiraten, Eva, die abgelegte Braut von Hannes, verliebt sich in den Seemann. Ende gut, alles gut. Ach, ich vergaß: Das Gold und die notwendige Karte wird durchs Auswärtige Amt den Briten zur Verfügung gestellt, so daß die rechtmäßigen Besitzer den Goldschatz heben können. Unser Seemann erhält dafür eine Belohnung. Wie schon erwähnt, ein mittelmäßiger Kriminalroman, der aber den Zeitgeist der frühen nationalsozialistischen Phase gut einfängt. Der Roman ist auch gut geschrieben, beruht aber lediglich auf der Idee einer Personenverwechslung – und das ist schon etwas schlicht gestrickt.