T O D S P A N N U N G

 Raum für phantastische und serielle Spannungsliteratur des 19. und 20. Jahrhunderts von Robert N. Bloch und Mirko Schädel

Olaf Bouterweck: »Der Mann mit der Tarnkappe«, 1935
von Mirko Schädel



Olaf Bouterweck: Der Mann mit der Tarnkappe, Dresden: Neuer Buchverlag 1935, 312 Seiten


Olaf Bouterweck, 1895–1962, war ein deutscher Journalist, Schriftsteller und Ingenieur. Er scheint einige Romane im zeittypischen Romanfeuilleton lanciert zu haben, sowohl in der Sparte Kriminalroman, wie wohl auch in dem Science fiction-Genre.

Der Mann mit der Tarnkappe, 1935, ist ein ebenso unterhaltsamer, wie spannender Kriminalroman, der eindeutig zu den besseren Erzeugnissen der nationalsozialistischen Ära gehört – und der damit doch nur ein gewisses Mittelmaß erreicht. Ich gebe zu, daß ich mich von dem Titel habe blenden lassen, mit phantastischen Elementen oder Science fiction hat dieser Roman jedoch nichts zu tun.

Spektakulär ist allenfalls der Banküberfall zu Beginn des Romans, denn die Verbrecher dringen mit einem Glaskasten voller weißer Mäuse in das Gebäude einer Bank ein und wünschen höflich den Bankdirektor Kommerzienrat Hagemann zu sprechen. Sie gehen dabei weltmännisch vor, sie seien lediglich an einem Geschäft mit der Band interessiert. Zu diesem Zweck spielt auch der Glaskasten mit den Mäusen eine Rolle. Tatsächlich läßt die Vorzimmerdame die Herren in das Allerheiligste eintreten, nicht zuletzt aufgrund des resoluten und souveränen Auftretens der Besucher.

In Hagemanns Bureau eröffnen die Banditen dann folgendes Szenario: Sie lassen Gas in den Glaskasten eindringen und demonstrieren dem Kommerzienrat einen raschen Tod der kleinen Nager. Daraufhin erklären sie dem Mann, daß Sie 180.000 Mark fordern, ansonsten werden die Insassen der Bank mit einem unbekannten Giftgas ins Jenseits befördert. Dabei zücken die beiden Täter Revolver und Gasmasken. Nur kurz bemüht sich Hagemann die Verbrecher von ihrem Tun abzuhalten, doch muß er einsehen, daß die Gefahr für Leib und Leben zu hoch ist. Er läßt das Geld aushändigen und muß zusehen, wie die Täter mit der Beute entkommen.

Auch eine anschließende Verfolgungsjagd führt zu nichts, die Banditen sind clever und tricksen den diensthabenden Wachtmeister in Kohlstedt, einem Provinznest in der Nähe Berlins, aus. Schon am nächsten Tag erscheint Dr. Raucheisen, der aus Berlin anreist, auf dem Bahnhof von Kohlstedt um sich der Aufklärung dieses schwerwiegenden Verbrechens zu widmen. Doch ist vorerst kaum etwas zu ermitteln, die Täter haben so gut wie keine Spuren hinterlassen, lediglich bekannt ist, daß es sich um Berliner Gangster handeln muß, denn der Fluchtweg konnte rekonstruiert werden. Im Dickicht der Großstadt verliert sich aber die Spur.

Nach weiteren vergeblichen Ermittlungen wendet sich auch Dr. Raucheisen nach Berlin – und bald tauchen auch der Kommerzienrat Hagemann samt Tochter in der Hauptstadt aif um die Ermittlungen zu unterstützen, denn ein 1000 Mark-Schein wird in einem zwielichtigen Lokal gewechselt, der aus der Beute zu stammen scheint. Der Wirt dieses Lokals ist ein dubioser Bursche – und als Kommerzienrat Hagemann zu einer Gegenüberstellung gerufen wird, erkennt der Bankier den Wirt des Nachtlokals als einen der Täter wieder. Doch bei näherer Befragung des Wirts wird Dr. Raucheisen klar, daß der Täter ein einwandfreies Alibi für die Tatzeit bereit hält – ein derart einwandfreies Alibi, daß auch Dr. Raucheisen begreift, daß er es mit äußerst geriebenen Tätern zu tun hat. Er muß den Täter vorerst ziehen lassen.

Er läßt die Wohnung des Verdächtigen nunmehr verwanzen und lückenlos überwachen, ein weiteres zwielichtiges Subjekt, der vermeintliche Mittäter, taucht auf, doch bekommt ihn niemand zu Gesicht – die Beamten, die mit dem Abhören der Wohnung beschäftigt sind, können lediglich die Stimme des verdächtigen Fremden vernehmen. Die Wohnung des Täters muß über einen bislang unbekannten Zugang verfügen, da die bekannten Zugänge ebenfalls observiert werden – und niemand einen Fremden das Haus betreten sah.

Dr. Raucheisen, der nichts unversucht läßt den Wirt zu überführen, verzweifelt langsam an den fehlenden Resultaten. Raucheisen ist ein Weiberfeind, doch auf seine alten Tage hat er sich doch ein wenig in die schlagfertige und durchaus selbstbewußte Tochter des Kommerzienrats verguckt. Diese greift nun in die Ermittlungen ein und besucht jenes zwielichtige Lokal um sich persönlich einen Eindruck über den vermeintlichen Täter zu verschaffen und eventuell mit ihrem weiblichen Charme einzuwickeln. Sie erhofft sich dabei neue Erkenntnisse, doch endet dieser Versuch beinah in einer Katastrophe.

Am Ende des Romans erklärt uns der Autor, daß unser Haupttäter einen Zwillingsbruder habe, so daß die Tarnungen und falschen Alibis zumindest oberflächlich erklärt werden können. Dr. Raucheisen findet jenen bislang unbekannten Zugang zu der Wohnung des Täters und kann den Fall endlich abschließen – und die Bande festnehmen.

Das Buch ist durch und durch unpolitisch und leicht komödiantisch, ganz im Stil der Unterhaltungskultur der 1930er Jahre. Dabei orientiert sich der Stoff an den Kinoproduktionen der Zeit und den Romanen von Edgar Wallace. Der Mann mit der Tarnkappe ist nicht gerade ein Meisterwerk, aber handwerklich solide gezimmert.