T O D S P A N N U N G

 Raum für phantastische und serielle Spannungsliteratur des 19. und 20. Jahrhunderts von Robert N. Bloch und Mirko Schädel

Mary Roberts Rinehart: »Elf Zweiundzwanzig«, 1912
von Mirko Schädel



Mary Roberts Rinehart: Elf Zweiundzwanzig, Dresden und Leipzig: Moewig & Höffner 1912, Kriminalromane aller Nationen Band 45, 207 Seiten


Mary Roberts Rinehart, 1876-1958, war eine amerikanische Schriftstellerin von populären Kriminalromanen. Elf Zweiundzwanzig, 1912, ist ein spritziger und gut konstruierter, spannender Kriminalroman, der aus der Perspektive des Rechtsanwalts Knox erzählt wird, der als ungeschickter, aber hartnäckiger Detektiv dem Geheimnis von Elf Zweiundzwanzig auf die Spur kommt.

Neben Knox gibt es noch den Polizisten Hunter und den Journalisten Burton, die sich alle Mühe geben sich gegenseitig bei den Ermittlungen zu unterstützen. Eine Klientin namens Miß Fleming sucht ihren Vater Allan Fleming, Staatsseketär des Schatzamtes, der seit über einer Woche verschwunden ist. Man findet ihn schließlich im »Club der weißen Katze«, einem Klub, der vorwiegend von Politikern aufgesucht wird. Allan Fleming wurde erschossen, doch soll dieser Mord als Selbstmord deklariert und vertuscht werden, selbst die Polizei bemüht sich redlich darum Fleming als depressiven Selbstmörder erscheinen zu lassen, nur läßt der Tatort keinen anderen Schluß zu als einen veritablen Mord zu vermuten.

Nach etlichen falschen Spuren und Hindernissen aller Art stellt sich am Ende heraus, daß Fleming und Schwartz, zwei Politiker derselben Partei, zwar politisch zusammenarbeiten, sich aber privat hassen – und doch verbindet sie eines miteinander, sie bereichern sich an staatlichen Geldern. Bereits
der Vorgänger Flemings, ein Mann namens Butler, war bereits aufgrund von finanziellen Unregelmäßigkeiten seines Amtes enthoben, doch war Butler an diesem Verbrechen unschuldig, stattdessen war sein Mitarbeiter Fleming derjenige, der sich im Schatten Butlers bereichert hatte. Doch Butler geriet in die Mühlen der Justiz und wanderte unschuldig ins Gefängnis in die Zelle Elf Zweiundzwanzig.

Nachdem er aus der Haft entlassen wurde, suizidierte er sich. Aber seine Witwe Mrs. Butler, deren Leben zu Unrecht aus den Fugen geraten war, beschließt sich an den Verbrechern zu rächen, nämlich an Schwartz und Fleming und einigen anderen Beteiligten. Die im Nachhinein gegebenen Erklärungen für die Lösung dieser Verbrechen sind allesamt Luftnummern, dennoch ist der Roman amüsant und sehr spannend.

Besonders die Atmosphäre des Romans ist gekonnt in Szene gesetzt und erinnert an Agatha Christie, die sich wohl einiges bei Rinehart abgeschaut haben könnte. Auch die Binsenweisheit, daß alle Politik schmutzig sei, läßt einen irritiert aufhorchen und scheint wohl eine sehr amerikanische Angelegenheit zu sein – doch wer könnte sich dieser Erkenntnis widersetzen?

Arthur Moewig hat diesen Roman übersetzt und vermutlich auch bearbeitet und gehörig eingestrichen um ihn in sein favorisiertes Romanformat zu drängen. Das war zu jener Zeit durchaus üblich, aber ist natürlich für den Leser von Nachteil, denn man ahnt hinter den Fragmenten solcher gekürzter Romane eine weitaus interessantere Originalfassung. Der Roman erschien unter dem Titel The Window at the White Cat, 1910, und hatte einen Umfang von 379 Seiten – im Gegensatz zu dieser deutschen Erstausgabe mit 207 Seiten.