Friedrich Freidon: »Der Mann mit den Vipern«, um 1938
von Mirko Schädel
Friedrich Freidon: Der Mann mit den Vipern, Berlin: Weichert um 1938, Rot-Gelb-Kriminalromane, 111 Seiten
Fritz oder Friedrich Freidon[n] ist das Pseudonym des deutschen Unterhaltungsschriftstellers Fritz Max Zimmermann, der auch einige John Kling-Hefte fabriziert hatte. Seine Lebensdaten sind mir unbekannt.
Der Kriminalroman Der Mann mit den Vipern, um 1938, wurde in zwei verschiedenen Versionen bei Weichert in Berlin veröffentlicht. In der Reihe Rot-Gelb-Kriminalromane wurden meist zwei Kurzromane in einem Buch veröffentlicht, dabei hat der Verlag die Paginierung fortlaufend über beide Romane laufen lassen. Etwa im gleichen Zeitraum erschienen diese Kurzromane aber auch in der Reihe 50 Pfennig-Kriminalromane, die ganz offensichtlich als Konkurrenz zu den 50-Pfg.-Kriminal-Romanen beim Berliner Eden-Verlag konzipiert wurden. Doch bei Weichert war offenbar nach kurzer Zeit und etwa acht erschienenen Nummern die Luft raus – womöglich spielte dabei auch die unterirdische Qualität der Texte eine Rolle.
Der Mann mit den Vipern, um 1938, enthält noch den Roman Der ventianische Dolch von G. Ch. von Tiedewitz. In Der Mann mit den Vipern wird zu Anfang der ermordete Kommerzienrat Wildenbeck aufgefunden, unmittelbar neben dem Leichnam befindet sich eine exotische Viper, deren Biß offenbar für den Tod des Kommerzienrats verantwortlich war. Die Nichte Dita van Geelen, die gerade erst zu Besuch im Landhaus des Kommerzienrats eingetroffen ist, läßt die Polizei benachrichtigen.
Der ganze Polizeiapparat wird in Bewegung gesetzt und der junge Kriminalist Dr. Londse wird mit der Aufklärung des Falls betraut. Schon am nächsten Tag ereignet sich ein weiteres rätselhaftes Verbrechen, denn der Leichnam des Kommerzienrats wird aus dem Landhaus entwendet und in sein Stadthaus verbracht. Welchen Zweck die Verbrecher damit verfolgen, bleibt vorerst unklar. Sicher ist nur, daß die Bewohner des Landhauses, also Dienstboten und Angestellte des Kommerzienrats, allesamt mit Schlafmitteln betäubt wurden.
Apropos Schlafmittel, der Roman kann sich nicht entscheiden, ob er mehr als Schlafmitteln dienen soll oder als ein wirklich schlechtes Beispiel der Romankunst. Der Leser wird bei der Lektüre zumindest abwechselnd von einem dringlichen Schlafbedürfnis erfaßt oder einem mittelschweren Kopfschmerz, der der Qualität des Textes geschuldet ist.
Es werden zahlreiche falsche Fährten gelegt, die allerdings in keiner Weise überzeugen, denn wirklich alles an diesem Text verdient nur das Adjektiv: ungeschickt. Natürlich handelt es sich bei dem Mord um eine Erbschaftsangelegenheit, die aber derart ungeschickt und verworren daherkommt, daß man keine Lust verspürt ein logisches Ergebnis für die Tat zu erhalten. Man ist froh den Text überlebt zu haben, denn die Sprache des Romans und auch dessen Tonfall ist ebenso mißlungen, wie die gesamte Konstruktion und die Dramaturgie der Ereignisse.
In der Zeit nach 1938 lassen sich zahlreiche Beispiele unterirdischen Schreibens nachweisen, als ob die politische Deppenideologie auch auf die Qualität der Belletristik abfärbte. Man hatte ja auch genügend Künstler, darunter auch zahlreiche Unterhaltungsschriftsteller, vergrault, verfolgt, ins Exil getrieben oder inhaftiert. So daß der klägliche Rest arischen Schrifttums bemüht war auch die letzten Grenzen des untersten Niveaus auszuloten.
Denn eigentlich hätten diese Autoren besser auf den Scheiterhaufen der Bücherverbrennungen gepaßt, als jene, die tatsächlich die Opfer dieser Kulturrevolution des ausgewiesenen Deppentums wurden.
Es gab selbstverständlich auch schon vorher Autoren, die den Niedergang der Unterhaltungsliteratur systematisch und aufopfernd betrieben, wie zum Beispiel Wolfram von Hanstein, auch bekannt unter seinem Pseudonym Berg Berger – doch waren das ja doch überwiegend Ausnahmen. Nach 1938 wurde die Luft dünn für qualitative Literatur gleich welcher Art.
Ich habe dem Text auch deshalb nicht mehr ganz folgen können, weil er durchaus derart ermüdend ist, daß mir fortlaufend die Augenlider zufielen. Dieser ganze blödsinnige Aktionismus ist ein Abbild geistiger Unterbelichtung und nur ärgerlich. Eines ist jedoch sicher: ein weiteres Buch von Fritz Max Zimmermann alias Friedrich Freidon[n] werde ich nicht mehr lesen.