T O D S P A N N U N G

 Raum für phantastische und serielle Spannungsliteratur des 19. und 20. Jahrhunderts von Robert N. Bloch und Mirko Schädel

F. A. Blomberg: »Die Dame mit den Schuhen aus Schlangenhaut«, 1934
von Mirko Schädel



F. A. Blomberg: Die Dame mit den Schuhen aus Schlangenhaut, Berlin: Eden-Verlag 1934, Sammlung moderne Bücherei Band 16, 237 Seiten, Schutzumschlag von Felix Kube


F. A. Blombergs Die Dame mit den Schlangenhautschuhen, 1934, ist ein nur halbwegs spannender Kriminalroman, der in Berlin und in einer Episode in Bukarest spielt. Bukarest ist damals wie heute die Hauptstadt Rumäniens und der Inbegriff des Provisoriums einer Metropole, damals jedoch noch eine quirlige und balkaneske Weltstadt.

Dr. Frobenius hatte Philosophie und Psychologie studiert, ging dann aber zur Kriminalpolizei um seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Er ist seit kurzem glücklich verheiratet und wird zu einem Mordfall gerufen. Das Mordopfer ist ein rumänischer Jude, doch scheint das Paßdokument gefälscht worden zu sein. Frobenius ist irritiert, denn es finden sich fast keine Spuren in der Hinterlassenschaft des Toten, doch eine Notiz gibt Frobenius zu denken, denn diese Notiz enthält lediglich seine private Telefonnummer. Auch sieht sich Frobenius mit einer Vision konfrontiert, denn er sieht einen Augenblick das Gesicht seiner eigenen Frau vor seinem geistigen Auge. [Es handelt sich aber nicht um einen antisemitischen Kriminalroman…]

Nach Befragung der Nachbarn und der Portiersfamilie, scheint alles auf eine unbekannte Dame hinzuweisen, die kurz vor dem Mord in der Wohnung des Toten gewesen sein muß, doch niemand hatte diese Dame näher sehen können. Nur die Tochter des Portiers hatte die Beine der eleganten Dame einen Augenblick im Treppenhaus schreiten sehen, dabei fielen dem Mädchen nur die Schuhe aus Schlangenhaut auf.

Frobenius arbeitet sich nun schichtweise vor, er beschließt, nachdem er Hinweise auf dem rumänischen Konsulat erhalten hat und eine Dame identifiziert, die mit dem Mordopfer einige Zeit in Kontakt gewesen sein muß, nach Bukarest zu fahren.

Tatsächlich findet er geradezu schicksalhaft eine Frau in Bukarest, die einige wenige Dinge zu berichten hat, und erfährt, daß der Name des Toten tatsächlich Klinger wäre – was eine neue Irritation hervorruft, denn der erste Mann seiner Gattin führte diesen Namen – und wieder verstärkt sich der Verdacht, daß seine eigene Frau mit der Sache irgendetwas zu tun haben müsse.

Als er wieder in Berlin ist, untersucht er die eigene Wohnung, seine Frau ist bei Ihrer Mutter außerhalb Berlins. Und tatsächlich findet Frobenius eine handschriftliche Notiz seiner Frau, die unter
anderem auch die Adresse des Mordopfers enthält. Nun weiß Frobenius, daß seine Frau mit dem getöteten Klinger in Kontakt war.

Der Exmann seiner Frau namens Klinger war ein liebloser, leichtfertiger Fabrikant, der sein Unternehmen zugrunde gerichtet hatte und sich weniger um seine Frau, dafür mehr um andere Damen gekümmert hatte und dann überraschend an einem Herzinfarkt starb. Frobenius entwickelt den Verdacht, daß der Mann seinen ersten Tod nur vorgetäuscht hatte. Und diesen Spuren und Theorien geht er sorgfältig nach, denn er kann nicht glauben, daß seine Frau den Mann erschossen haben soll.

Tatsächlich wird ihm recht bald klar, daß Klinger, der Ex-Mann seiner Frau, seinen Tod mit Hilfe eines Arztes vorgetäuscht und durch einen Strohmann eine hohe Lebensversicherungspolice einkassiert hatte. Einige Zeit scheint Klinger mit dem Rest seiner Mittel gut gelebt zu haben, bis ihm das Geld ausging und er nach Berlin kam um seiner Frau Geld zu erpressen, denn er wußte von der Wiederverheiratung seiner Frau, die allerdings selbst nichts von dem vorgetäuschten Tod ihre Ex-Gatten ahnte.

Frobenius Ehefrau gesteht dem Kommissar die Erpressung, die Klinger an ihr verübt habe, bestreitet aber jede Beteiligung an dem Mord an Klinger, obwohl sie einräumt daran gedacht zu haben. Bald erhärtet sich ein Verdacht gegen einen Arzt, der mit Klinger nicht nur befreundet war, sondern wohl auch den Lebensversicherungsbetrug mit eingefädelt hatte. Doch niemand hatte diesen Mann in das Haus des Mordopfers gehen sehen, bis auf die junge Portierstochter, die einen Mann gesehen hatte, der sich mit einem zweiten älteren Herrn während der Tatzeit eingeschlichen haben muß. Sie kann sich an das Aussehen dieses Herrn nicht mehr erinnern, lediglich die unheimlichen Augen seien ihr aufgefallen. 

Der Mörder hatte unterdessen Frobenius und auch eine ehemalige Geliebte des Mordopfers telefonisch angerufen – diese Anrufe erfolgten anonym und enthielten Drohungen und Warnungen. Der Geliebten des Mordopfers wurde jedoch nahegelegt abends ein Nachtlokal für Varietekünstler aufzusuchen, vermutlich suchte der vermeintliche Mörder nach einer Möglichkeit mit jener Dame in Kontakt zu kommen.

Frobenius, der der Psychologie und dem Okkultem zugetan zu sein scheint, läßt sich von einer Kapazität auf diesem Gebiet beraten, der ihn an einen Hypnotiseur verweist. Frobenius, der weiß, daß jene Portierstochter den Mörder gesehen hatte und davon ausgeht, daß ihr Unterbewußtsein den Mann wiedererkennen würde, läßt das Mädchen zu sich kommen und erklärt ihr das Experiment, das man mit ihr vorhabe.

Das Mädchen wird hypnotisiert und der ehemaligen Geliebten Klingers an die Seite gestellt, als letztere das verabredete Nachtlokal aufsucht. Schon nach kurzer Zeit erkennt das Mädchen den Mörder trotz seiner aufwändigen Maskierung, sagt laut ein verabredetes Stichwort, und mehrere Kriminalbeamte schließen den Kreis – bis Frobenius hervortritt und den Mann verhaftet. Noch in dem Lokal in einem Nebenzimmer legt der Arzt und Freund des Mordopfers ein Geständnis ab, anschließend richtet er sich selbst, denn sein Füllfederhalter enthält Cyankali.

Abgesehen davon, daß der Autor dem Leser passagenweise eine Intellektualität vorgaukelt, die aber eher dem Schwulst und Kitsch zuzurechnen sind, ist das Sujet des Romans doch recht interessant. Zum Glück nutzt Blomberg nur relativ sparsam diese schwülstigen Auswüchse, die wohl den studierten Helden Dr. Frobenius ins rechte Licht rücken sollen.

Der Schriftsetzer, der offenbar gehalten war, ganze Absätze oder Sätze in gesperrter Schrift zu setzen, sollte mit dieser typographischen Methode die große Bedeutung von Frobenius Gedanken und Erkenntnissen unterstreichen. Für den heutigen Leser ist das Buch jedoch nahezu ungeeignet, denn der Textfluß und die sprachlichen Mittel wirken antiquiert. Der Autor scheint nur diesen Roman verfaßt zu haben und über die Identität des Franz A. Blomberg ist nichts bekannt. Allerdings scheint dieser Roman unter neuem Titel in der Reihe der 30-Pfennig-Roman noch einmal verlegt worden zu sein. Ich bin nur zu faul das Heft 99 herauszusuchen, das Auskunft geben könnte, ob die beiden Romane identisch sind – doch bin ich mir ziemlich sicher, das es so ist.

Der Roman nutzt verschiedene Techniken des Okkulten, es gibt Figuren, die offenbar über das zweite Gesicht verfügen, telepathische Phänomene werden ebenso zum Thema gemacht, wie die Hypnose zum Aufdecken von Verbrechen. Auch das Hellsehen wird gestreift, doch für einen phantastischen Kriminalroman reichen die Indizien wohl nicht aus.