Edward Phillips Oppenheim: »Der Löwe und das Lamm«, 1931
von Mirko Schädel
Edward Phillips Oppenheim: Der Löwe und das Lamm, Wien: Amonesta-Verlag 1931, Die versiegelten Bücher, 315 Seiten
Oppenheims Roman Der Löwe und das Lamm ist ein routinierter und unterhaltsamer Gangsterroman, der ganz im Stil der Zeit verfaßt wurde. David Newberry, der gefallene Sohn einer adligen Familie, wird aus dem Gefängnis entlassen, wo er einige Monate wegen Einbruchs verbracht hatte. David war Teil einer rätselhaften und überaus erfolgreichen Bande von Verbrechern, deren Oberhaupt namens Tottie Green im Gasthaus Löwe und Lamm in einem Hinterzimmer residiert. Tottie Green ist ein alternder Alkoholiker, der völlig verfettet und schmutzstarrend seine nächsten Überfälle, Einbrüche und Morde plant, die seine »Lämmer« auszuführen haben. David, der von seinem Vater fallengelassen wurde und keine Mittel besaß, schloß sich in der Not dieser Bande an.
David wird von zwei Mitgliedern der Bande bei der Haftentlassung erwartet, doch der junge Mann weigert sich mit seinen einstigen kriminellen Freunden zusammenzuarbeiten, denn Mitglieder der Bande waren es, die David verraten hatten – in dem sie bei jenem Einbruch eine Tür versperrten um sich selbst zu retten – und so war Davids Fluchtweg versperrt und dies führte zu seiner Verhaftung. David ist zurecht von seinen »Kollegen« enttäuscht, doch die Bande der Polizei zu verraten ist ihm unmöglich, denn ein Gentleman kann ein Ehrenwort naturgemäß nicht brechen. So beschließt David selbst Rache zu üben an seinen ehemaligen Kumpanen.
Doch es gibt verschiedene Komplikationen, die der Geschichte erst den richtigen Auftrieb verschaffen. So ist zum Beispiel Lord Newberry, Davids Vater, vor kurzem verstorben – und so ist David, das schwarze Schaf der Familie, zu einem reichen Mann mutiert, der nun frei ist und über ein großes Vermögen verfügt. David ist sich klar, daß die Bande der Lämmer ihn nicht ziehen lassen wird, er ist nun auf sich allein gestellt und seines Lebens nicht mehr sicher. Auch besucht er gelegentlich und überraschenderweise seine alten Kumpanen in ihrem Hauptquartier um sie seinerseits zu bedrohen. Glücklicherweise gelingt ihm dabei jeden Mal die Flucht.
Darüberhinaus besteht ein gewisses ambivalentes Verhältnis zu einem weiblichen Mitglied der Bande, denn die schöne, junge Belle, die von Tottie Green protegiert und beschützt wird, zieht den jungen Newberry erotisch an, doch stößt sie ihn in gleichem Maße angesichts ihrer Vulgarität ebenso ab.
Und nicht zuletzt wird Newberry von der Bande des Diebstahls bezichtigt, denn ein äußerst reiner, großkalibriger Diamant im Wert von 140.000 Pfund ist bei jenem fraglichen Einbruch abhanden gekommen, und die Bande glaubt, David habe den Stein irgendwie beiseite geschafft. Die Bande, die vorerst nichts von Davids Erbschaft weiß, die aber beobachtet, wie dieser nun als reicher und feiner Lord auftritt, ist überzeugt, David habe die Lämmer betrogen. Ein Grund mehr mit David abzurechnen.
Und nicht zuletzt die junge Verwandte Davids, Sophie, die den ganzen Roman in eine recht melodramatische Atmosphäre hüllt. Sowohl die verruchte Belle als auch die unschuldige Sophie sind in unseren Helden verliebt, und beide Damen sind aufeinander eifersüchtig, doch bereit sich für David zu opfern.
Während David sich an den ehemaligen Sportlehrer seiner hochwohlgeborenen Familie wendet, der nunmehr eine Box- und Jiu Jitsu-Schule in London leitet, beginnen die Lämmer einen Plan zu entwickeln, wie sie sich in den Besitz des Diamanten bringen und David anschließend loswerden. Doch David trifft Sicherheitsvorkehrungen, er kauft jene Box-Schule von seinem Bekannten und läßt deren Schüler sich zu seiner Leibwache ausbilden. Er verbarrikadiert sich in einem Haus in London, das er geerbt hat und verkehrt lediglich mit Sophie, die ihn zu amüsieren scheint.
Es entwickelt sich ein Kampf zwischen David und Goliath, wobei nicht klar zu sein scheint, wer welche Rolle dabei spielt. Dann kommt es zu einem Showdown, wobei die beiden jungen Damen, Belle und Sophie, eine Schlüsselrolle spielen. Am Ende muß die schöne Belle ihr Leben lassen, die sich für David geopfert hat – und der alte Tottie Green, ihr Protege und Beschützer, stellt sich der Polizei und verrät die Mitglieder seiner eigenen Bande.
Wie schon angedeutet, daß Buch ist routiniert geschrieben, aber nicht sehr ambitioniert. Ich bin kein Freund dieser Art Gangster-Romane, deshalb ist mein Urteil sicher nicht maßgeblich. Darüberhinaus wird der Leser mit zahlreichen Schurken und ein paar wenigen Polizisten vertraut gemacht, doch bleiben diese Nebenfiguren recht farblos.