T O D S P A N N U N G

 Raum für phantastische und serielle Spannungsliteratur des 19. und 20. Jahrhunderts von Robert N. Bloch und Mirko Schädel

Eduard Duller: »Berthold Schwarz. Novelle«, 1832

von Mirko Schädel

Eduard Duller: Berthold Schwarz. Novelle, Stuttgart: Hallberger’sche, vormals Franckh’sche Verlagshandlung 1832, 228 Seiten


Eduard Duller, 1809–1853, war ein österreichisch-deutscher Schriftsteller. Seine Novelle Berthold Schwarz, 1832, ist eine biographisch gefärbte Geschichte voller Anlehnungen an den Schauer- und Ritterroman. Berthold Schwarz, ein Gestrauchelter und späterer Mönch, erfand eher zufällig das Schwarzpulver bei seinen alchimistischen Experimenten in den 1350er Jahren.

Die Biographie des Berthold Schwarz ist – wie so oft – mehr der Legende zuzurechnen, insbesondere Duller nutzte diese historische Figur als Blaupause für einen ambivalenten Helden einer schauderhaften Mordgeschichte.

Berthold Schwarz, ein Erniedrigter und Beleidigter mit der Aura eines Revolutionärs landet zufällig in einem Kloster, wo einer der gottgefälligen Mönche sich seiner annimmt. Schwarz war eine Waise und wurde schon in jungen Jahren mit Alchimie und Heilkünsten vertraut. Doch sein Stiefvater wurde arg vom Schicksal gebeutelt, denn dessen Tochter wurde von einem Adligen und Ritter verführt und in den Dreck gezerrt. Daran zerbricht die gesamte Familie. Auch Berthold Schwarz gerät mit einem dieser unseligen Verführer und Ritter aneinander und verliert nach dem Zweikampf seinen Studienplatz, auch gerät er für einige Zeit in den Kerker. Verachtet nicht zuletzt als vaterloser Bastard, lebt er fortan wie ein Aussätziger und wird von bösen Racheplänen heimgesucht. Sein neuer Protege, einer der Mönche des Klosters, ist Alchimist und wird sich fortan als sein Lehrer betrachten.

Wie in der Kolportageliteratur üblich grenzen die Zufälle ans Wunderbare. Denn der Abt des Kloster ist identisch mit dem Verführer der Tochter von Berthold Schwarzens Stiefvater. Die Figuren des Romans waren in alle Himmelsrichtungen verstreut, niemand wußte, wo sie sich aufhielten. Aber wie es das Schicksal so will, treffen nun nach und nach alle Figuren dieser Tragödie in jenem Kloster zusammen.

Bald wird eine dieser Figuren einen Mordanschlag auf den Abt verüben, der jedoch fehlschlägt. Denn der Abt ist ein Schurke erster Güte und der Verführer von Schwarzens Stiefschwester. Der Stiefvater von Berthold Schwarz ist der hiesige Schalksnarr und Totengräber der Stadt, erst spät im Laufe der Erzählung erkennen die beiden einander. Auch Tochter und Enkelin des Totengräbers tauchen irgendwann im Verlauf der Geschichte bei ihrem Vater auf und erkennen einander wieder.

Der Abt und einer seiner gewissenlosen Kumpane aus alter Zeit verfolgen die Spur eines unschuldigen Mädchens, das sie gesehen – nämlich die Enkelin des Totengräbers und also die Tochter des ungläubigen Abtes. Die Schurken fassen den Plan das Mädchen zu verführen oder zu vergewaltigen. Der Abt ist sich nicht bewußt, daß es sich dabei um seine leibliche Tochter handelt.

Da die beiden wollüstigen Schurken der Meinung sind, daß auch Berthold Schwarz an dem Mädchen ein erotisches Interesse hat und sie diesen als ihren Konkurrenten betrachten, wird Schwarz im Keller oder vielmehr Kerker des Klosters eingesperrt. Doch Schwarzens Protege sorgt dafür, daß man dessen alchimistische Gerätschaften und Bücher in das dunkle Verließ schafft. Berthold Schwarzens Wissen und seine Rachegelüste führen ihn zur Entdeckung eines explosiven Pulvers, des sogenannten Schwarzpulvers.

Doch auch die Rächer jener Verbrechen der Vergangenheit sind nicht weit. Der Attentäter von einst ist heimlich ins Kloster zurückgekehrt, denn er erfuhr, daß sein Mordanschlag fehlschlug. So beschließt dieser seinen Mordanschlag zu wiederholen. Während der Attentäter also die beiden Schurken, den Abt und dessen Freund, vergiftet, sprengt sich Berthold Schwarz mit Hilfe seiner Erfindung in die Luft. Doch Schwarzens Protege, Bruder Albertus, besitzt die Rezeptur jenes explosiven Gemisches und erhält diese für die Nachwelt. Auch die Tochter und Enkelin des Totengräbers sterben an jenem Gift, doch ist dieser Umstand einem Unfall und Irrtum geschuldet.

Der ganze Roman ist in einer historisierenden Sprache verfaßt, die den Tonfall und die innere Verfaßtheit des Mittelalters zu imitieren sucht. Das ist für den Leser recht anstrengend. Der Totengräber und Schalksnarr verfügt übrigens über eine Art drittes Auge, er sieht den Tod in seiner Umgebung vorher und kann erkennen, wer als nächstes sterben muß, nur bei seiner eigenen Tochter und Enkelin scheitert seine Hellsicht, denn er hatte bereits vor deren Tod zwei Gräber ausgehoben, jedoch nicht für seine engsten Verwandten, sondern für zwei Nachbarinnen, die ebenfalls bald dem Jenseits anheimfallen sollen.

Der Roman ist eine einzige moralische Anklage gegen den Adels- und Ritterstand und den falschen Klerikern, den Heuchlern und Lügnern. Die Sympathien des Autors gelten vor allem dem ambivalenten Helden Berthold Schwarz, der von Zweifeln verfolgt wird, und dessen Gedankenwelt zwischen Rachegelüsten und Harmoniebedürfnis schwankt.