Carl Rößler: »Die Thugs, oder Indischer Fanatismus«, 1843
von Mirko Schädel
Carl Rößler: Die Thugs, oder Indischer Fanatismus, Altenburg: Schnuphase’sche Buchhandlung 1843, 2 Bände
Über den Autor ist mir nichts weiter bekannt, ich zweifle auch daran, daß es sich hier um den Theologen und Freimauer Carl Gottfried Rößler, 1784–1837, handelt, wie es die Bibliotheken vermuten, denn der war bei Drucklegung dieses Romans bereits seit Jahren unter der Erde – und das datierte Vorwort von 1844 wurde wohl eher nicht von einem Untoten geschrieben.
Die Thugs, oder Indischer Fanatismus, 1845, ist eine zahme Räuberpistole, die sich weitgehend an den englischen Abenteuerromanen orientiert. Streckenweise habe ich große Mühe damit gehabt der Geschichte aufmerksam zu folgen, denn das falsche Pathos in den Dialogen der Thugs stieß bei mir auf ermüdendes Desinteresse.
Die Fabel selbst ist leicht erzählt. Lord Rudham und Tochter Jenny reisen zu Beginn des Romans durch die Wildnis Indiens. Dabei werden die britischen Staatsbürger selbstverständlich in gefährliche Abenteuer verwickelt. Vater und Tochter werden von einem Löwen angegriffen, doch ein junger Eingeborener namens Libu, der Sohn des Waldes, ist zufällig mit seiner Freundin Niwa in der Nähe und erschießt die Großkatze. Lord Rudham samt Tochter verdanken Libu ihr Leben und sind äußerst angetan von diesem, doch ahnen sie nicht, daß Libu und Niwa den berüchtigten Thugs, den Würgern Indiens, angehören.
Die Briten werden auch Zeugen eines bereits stattgefundenen Verbrechens der Thugs, können aber entkommen, doch einige der Thugs geraten in die Fänge der Behörden und sollen in Calcutta vor Gericht gestellt werden. Unter den Beschuldigten befinden sich auch Libu und dessen Vater, aber Lord Rudham erfährt von diesen Umständen erst später.
Die Thugs werden nach Calcutta geschafft, wo ihnen der Prozeß gemacht wird. Libus Freundin Niwa eilt ebenfalls nach Calcutta und meldet dem Lord die Verhaftung Libus. Es gelingt Lord Rudham den jungen Mann aus den Krallen der Justiz zu befreien, er wird von den Geschworenen für unschuldig erklärt und dann auf freien Fuß gesetzt. Doch Libus Vater und der Rest der Galgenvögel werden zum Tode verurteilt, nicht zuletzt auch wegen der belastenden Aussage Libus, der vor Gericht der ganzen Wahrheit die Ehre gibt.
Libus Vater verflucht seinen Sohn. Libu wird von Lord Rudham empfangen und ersterem scheint die britische Lebensauffassung zu gefallen, dennoch streben er und seine Freundin Niwa nach kurzer Zeit zurück an das Ufer des Ganges. Dort hat der Anführer der Thugs bereits Rachepläne entworfen, denn Libu wendet sich immer mehr von den Verbrechen der Thugs ab – und nicht zuletzt hat er ja seinen eigenen Vater verraten. Doch die Mordanschläge auf Libu gelingen nicht so recht, stattdessen erledigt unser edler Eingeborener reihenweise seine Widersacher.
In Calcutta beschließen derweil Lord Rudham und seine Tochter Jenny, die sich seltsam von Libu angezogen fühlt, eine Reise in den Himalaya zu starten. Davon hören auch die Thugs und beschließen die britische Kleinfamilie nebst Begleitung auf den Weg dorthin zu ermorden und auszurauben. Aber auch Libu erfährt von den Mordplänen und will seine Freunde retten. Er überzeugt seine Freundin Niwa von seiner neuen Lebensphilosophie und seinem Interesse für den christlichen Glauben, dann begleiten die beiden Königskinder die Thugs zu deren Raubzug – um im entscheidenden Augenblick Lord Rudham zu warnen und zu beschützen.
Libu zweifelt schon seit einiger Zeit an den grausamen Gewalttaten der Thugs, die damit der Göttin Kali huldigen und dieser immer weitere Opfer zuführen müssen. Er scheint den Begriff der Nächstenliebe verinnerlicht zu haben. Diese Philosophie verläuft diametral zu den Lebensgewohnheiten der Thugs und Libu wird ein erbitterter Gegner seiner eigenen Leute. Niwa wendet sich ebenfalls von den Thugs ab, denn sie liebt Libu und vertraut ihm.
Es gelingt Libu die Pläne der Thugs zu durchkreuzen, er ruft ein Bataillon britischer Soldaten herbei um den Mordanschlag an den Rudhams zu vereiteln. Anschließend werden die Thugs fast ausnahmslos zum Tode verurteilt. Nach einem Festessen im Hause Rudham daheim in Calcutta, stellt sich ganz zufällig heraus, daß sowohl Niwa als auch Libu ursprünglich britischer Abkunft sind. Libu ist der todgeglaubte Sohn von Lord Rudham und Bruder von Jenny Rudham. Niwa ist die in den Weiten Indiens verloren geglaubte Tochter des Criminalrichters von Calcutta. Am Ende finden die obligatorischen Verlobungen statt.
Einen weiteren Kommentar möchte ich mir und den Lesern ersparen.